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ROH Profile - Bestimmung und Anwendungen

ROH (Runs of Homozygosity) sind Regionen ausgedehnter Reinerbigkeit, die im Genom eines Individuums gefunden werden. Sie entstehen durch die Vererbung identischer DNA-Abschnitte von beiden Elternteilen, oft durch die Paarung zwischen Verwandten. Die Analyse von ROH kann wertvolle Erkenntnisse über die genetische Vielfalt, den Inzuchtgrad und die allgemeine Gesundheit von Populationen liefern.

ROH-Profile sind neben dem genomische Inzuchtkoeffizienten (GIK) und und den Heterozygotie-Werten Bausteine der Genom-basierten Bewertung zu Inzucht&Fitness sowie für darauf basierende Paarungsplanungen unter Berücksichtigung der genetischen Vielfalt/Inzucht.

Erstellen von ROH-Profilen

Die Genotypisierung der Proben erfolgt mithilfe von SNP-Arrays (Single Nucleotide Polymorphism) oder durch Sequenzierung des gesamten Genoms. Spezielle Rechenmodelle identifizieren die ROH und kategorisieren sie anhand ihrer Lage und Ausdehnung. 

Die Einheit für das Maß der Ausdehnung ist 1 Mb = 1.000.000 Basen (Base = Einzelbaustein der DNA). Je nach Zielsetzung und verfügbaren Ausgangsdaten werden die ROH in Größenbereiche gegliedert. Generell gilt, dass lange ROH (> 10 Mb) Zeichen von jüngeren Inzuchtereignissen sind und sehr kurze ROH (< 1 Mb) keine Rolle bei der Bewertung der Inzucht spielen. 

Informationen der ROH-Profile

Die wichtigsten Information, die mit Hilfe von ROH-Profilen bereitgestellt werden können, sind derzeit: 

Für das einzelne untersuchte Tier: 

  1. Der individuelle genomischer Inzuchtkoeffizient (GIK): Dieser ergibt sich aus der Gesamtheit der ROH, siehe Artikel
  2. Ausdehnung der ROH: Die Ausdehnung der ROHs gilt als Indikator für das zeitliche Stattfinden der Inzuchtpaarung(en). 

Auf Populationsebene:

  1. Genetische Vielfalt: Die Analyse von ROH-Mustern der Tiere einer Population hilft deren genetische Vielfalt abzuschätzen. Vielfältige Muster weisen auf eine breite genetische Variabilität, was sich positiv auf die Gesamtgesundheit der Population auswirken kann.
  2. Erkennung von Selektionssignalen: ROH Analysen können bei der Identifizierung von Genomregionen helfen, die einer Selektion unterworfen waren, da in diesen bestimmte Allele vorkommen, die aufgrund von Selektionsdruck in einer Population fixiert sein können.
  3. Assoziationen mit Gesundheit und Krankheit: Bestimmte ROH-Regionen können mit genetischen Störungen korrelieren und so Informationen über die Gesundheit von Individuen und Populationen liefern.

 

Anwendung von ROH-Profilen

Die aus den ROH-Profilen gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen erstmals die Nutzung von Inzuchtinformationen, die direkt am betreffenden Tier erhoben worden sind. 

  • Bewertung des gesamte Ausmaßes an Inzucht im untersuchten Tier, unabhängig von der Kenntnis der Vorfahren.
  • Erkennen von Nachkommen aus Inzest-Paarungen.
  • Kontrolle der Inzucht: Die Überwachung des ROH ermöglicht es den Züchtern, den Inzuchtgrad effektiv zu steuern. Dies ist für die Erhaltung der Vitalität und Gesundheit von Zuchtpopulationen von entscheidender Bedeutung.
  • Nutzung in Paarungsstrategien zur Vermeidung von Kreuzungen zwischen eng verwandten Individuen. 
  • Selektion auf erwünschte Merkmale: Durch die Verknüpfung bestimmter ROH-Regionen mit interessanten Merkmalen (z. B. Krankheitsresistenz, Wachstumsraten) können Züchter markergestützte Selektionsstrategien umsetzen.
  • Verbesserung der Widerstandsfähigkeit von Populationen: Das Verständnis der genetischen Struktur von Populationen durch ROH-Profiling ermöglicht es den Züchtern/Zuchtvereinen, widerstandsfähigere Zuchtbestände zu entwickeln, die Umweltveränderungen und Krankheitsdruck besser standhalten können.

Die Bestimmung und Berechnung der Runs of Homozygosity (ROH) liefert wichtige Erkenntnisse über die genetische Vielfalt, Inzucht und die Gesundheit der Population. Die Integration von ROH-Analysen in Zuchtstrategien wird in Zukunft eine entscheidende Rolle in der modernen Genetik und Tierhaltung spielen.

ROH-Profile etablieren

Die Bestimmung des ROH-Profils eines Tieres ist Bestandteil der Untersuchung zu 'Inzucht & Fitness'.

Nützliche Links - Literatur

Verbundene Lexikonartikel:

Literatur

  1. Grilz-Seger, G., Druml, T., Neuditschko, M. et al. High-resolution population structure and runs of homozygosity reveal the genetic architecture of complex traits in the Lipizzan horse. BMC Genomics 20, 174 (2019). https://doi.org/10.1186/s12864-019-5564-x
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