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Primäre Ciliäre Dyskinesie (PCD) - Eurasier

Als Zilien bezeichnet man feine, haarähnliche Fortsätze bestimmter Zellen, die durch ihre aktiven, regelmäßigen Bewegungen Schleim, Partikel und Flüssigkeiten transportieren. Eine PCD (Primäre Cilliäre Dyskenisie) entsteht durch einen Defekt, der die Zilienbewegung beeinträchtigt. Bei Hunden der Rasse Eurasier wurde als Auslöser einer PCD eine 1-bp-Deletion im Gen ZMYND10 identifiziert. Liegt diese reinerbig vor, verlieren die Zilien ihre koordinierte Schlagbewegung. Dies beeinträchtigt in den Atemwegen deren Reinigung; da Zilien bzw. deren Bausteine sowohl im weiblichen, als auch im männlichen Fortpflanzungssystem von Bedeutung sind, resultieren bei deren Ausfall oft auch Fruchtbarkeitsstörungen. Die Erkrankung tritt nur auf, wenn ein Hund zwei Kopien der Mutation besitzt, also reinerbig für die Mutation ist. Tiere mit nur einer Kopie (heterozygot) sind selbst gesund, können die Mutation jedoch weitergeben. Ein genetischer Test erlaubt die sichere Unterscheidung zwischen freien, Träger- und betroffenen Tieren.

Krankheitszeichen, Verlauf und Prognose

Betroffene Eurasier-Hunde zeigen häufig, schon früh im Welpenalter, nicht abklingende Atemwegsinfekte, chronischen Nasenausfluss, Husten und wiederkehrende Lungenentzündungen. Ursache ist die gestörte Reinigungsfunktion der Atemwege, wodurch Schleim und Keime nicht effektiv abtransportiert werden. Einige Hunde entwickeln zudem eine Bronchiektasie (dauerhafte Erweiterung der Bronchien). Zusätzlich kann es durch defekte Zilienproteine zu reduzierter Fruchtbarkeit kommen; Spermien sind bei PCD weniger beweglich und der Transport der Eizellen im weiblichen Genitaltrakt ist beeinträchtigt. Etwa die Hälfte der betroffenen Tiere weist dazu einen sogenannten 'Situs inversus' auf, bei dem innere Organe spiegelverkehrt angeordnet sind. Der Situs inversus verursacht dabei selbst keine zusätzlichen Beschwerden. Die Prognose ist abhängig von der Intensität der Symptome und der Qualität der medizinischen Betreuung. Eine ursächliche Heilung existiert nicht. Über konsequente Atemwegspflege und gezieltes Infektmanagement kann versucht werden die Lebensqualität der betroffenen Tiere zu verbessern. 

Ursächliche Mutation und Funktionsweise des DNA-Tests

Die Erkrankung beim Eurasier wird durch eine Ein-Basen-Deletion im ZMYND10-Gen (XM_038566363.1:c.860del) verursacht. Diese Veränderung führt zu einer Verschiebung des Leserasters (Frameshift) und damit zur Entstehung eines vorzeitigen Stoppcodons (XP_038422291.1:p.(Gln287Argfs*32), wodurch das Protein um etwa 35 % verkürzt und in seiner Funktion beeinträchtigt wird. 

Der DNA-Test kann aus jedem DNA-haltigen Material durchgeführt werden. Mittels PCR und Sequenzdatenauswertung wird festgestellt, ob die Mutation in einfacher oder doppelter Kopie vorliegt oder nicht vorhanden ist. So lässt sich sicher bestimmen, ob ein Hund frei, Träger oder betroffen ist.

Mögliche Genotypen und Befundinterpretationen

GenotypBezeichnungBedeutung 
N/Nreinerbig (homozygt) für den Wildtyp, freiDer untersuchte Hund hat keine ZMYND10 c.860del Mutation, ist gesund und gibt die Erkrankung nicht weiter. Uneingeschränkte Zuchteignung. 
N/pcdmischerbiger AnlageträgerDer Hund ist selbst nicht erkrankt, kann die ZMYND10 c.860del Mutation jedoch an die Nachkommen weitergeben. Zuchteinsatz nur mit genetisch freien Partnern empfohlen. 
pcd/pcdreinerbig für die Mutation- betroffenDer Hund zeigt typische Symptome der PCD und gibt die Mutation sicher an alle Nachkommen weiter. Von der Zucht auszuschließen. 

Betroffenen Rassen

Die c.860del - Mutation im ZMYND10-Gen ist bisher nur bei Hunden der Rasse Eurasier gefunden worden.

PCD als Krankheitsursache kann jedoch auch bei anderen Hunderassen auftreten, wobei jeweils unterschiedliche Gene ursächlich für die Erbkrankheit sind.

Literatur

  1. Schwarz, C., Jainek, H., Hetzel, U., Jagannathan, V., & Leeb, T. (2025, July). OP124: ZMYND10 frameshift deletion in Eurasier dogs with primary ciliary dyskinesia. In: Proceedings of the 38th International Society for Animal Genetics Conference (ISAG 2025), Cape Town, South Africa. Retrieved from https://www.isag.us/Docs/Proceedings/ISAG_2025_Abstracts.pdf
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